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Haushaltsrede 2022


Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als wir im vergangenen Jahr den Haushalt unter besonderen Bedingungen verabschiedet haben, hatten wir vermutlich alle gedacht, oder zumindest gehofft, dass wir spätestens in diesem Jahr wieder im Normalmodus agieren können. Dem ist leider nicht so. Das gesamte Jahr 2021 wurde erneut von der Pandemie dominiert. Es gab nur wenig zaghafte Verschnaufpausen, die allerdings, für Mensch und Wirtschaft gleichermaßen, bitter nötig waren.

Beinah vergessen schien das Thema Corona allerdings während des Bundestagswahlkampfs – und das parteienübergreifend. Wenn es darum geht, die eigene Pfründe zu sichern, dann gilt es eben die Prioritäten, zumindest vorübergehend, gänzlich neu zu setzen.

Regelrecht zu Unpass kam dann allerdings die schreckliche Hochwasserkatastrophe im Ahrtal, die ein Sammelsurium an dilettantischen Fehlern aufdeckte, die unzählige Menschenleben forderten und einen unvorstellbaren Schaden in der gesamten Region anrichteten. Im Nachhinein scheint es, als wäre das Schreckensszenario nur für Fotos mit maximal betroffenheitstriefenden Gesichtsausdrucken sowie rührseligen Statements mitsamt vollmundigem Versprechen genutzt worden, denen nichts folgte. Womöglich steckte im unsäglich peinlichen Laschet Lacher mehr bittere Wahrheit als in der restlichen, doch recht semiprofessionellen Inszenierung. Letztlich sind es überwiegend die vielen freiwillige Helfer, die ohne groß zu zögern an- und zupacken, die den Betroffenen in ihrer wohl größten Not zur Seite stehen, ihnen Mut machen, Zuversicht und Hoffnung geben. Echte Helfer, denen es tatsächlich um die Menschen geht, nicht um Medienpräsenz oder Wählerstimmen und politische Mandate.

Auch wir als Kommune sehen uns so manches Mal Zusagen ausgesetzt, die letztlich nicht eingehalten werden. Sie wissen es selbst - und Sie wissen um unsere Machtlosigkeit in manchen Belangen, wie beispielsweise bei unserer Deponie, die als hoffnungsvolle Geschichte begann und mittlerweile unter der Regie übergeordneter Ämter zu einer geradezu epischen Seifenopfer mutiert ist.

Ich bin froh und dankbar, dass sich zumindest die politischen Akteure unserer Stadt als echte „Helfer“ und Vertreter der Interessen unserer Bürgerinnen und Bürger verstehen - und nicht als eitle, gönnerhafte Selbstdarsteller daherkommen. Gerade im vergangenen Jahr, so herausfordernd dieses auch wieder war, haben wir gezeigt, wie wichtig und richtig es ist, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und miteinander, statt übereinander zu reden. Denn nicht zuletzt prägt genau auch das den Ruf und das Image unserer Stadt – und das ist etwas, das man auch mit verdammt viel Geld nicht kaufen kann.

Verdammt viel Geld, welche Stadt würde sich nicht glücklich schätzen, darüber verfügen zu können. So mag sich manch neidischer Blick gen Mainz richten, das sich dank BioNTech über eine Milliarde mehr an Steuereinnahmen freuen darf. Eine historische Ausnahmesituation, die Segen aber auch Fluch gleichermaßen ist; denn während laufende Kreditverbindlichkeiten getilgt werden können, sieht sich die Mainzer Stadtkasse nun alsbald der Zahlung von Negativzinsen im vermutlich hohen sechsstelligen Bereich, mehreren hunderttausend Euro also, gegenüber.

Vermutlich bleiben wir, wie die meisten Kommunen, von einem derart skurrilem Luxusproblem in den nächsten Jahren verschont. Und das liegt, dessen bin ich mir sehr sicher, keineswegs daran, dass wir zu wenig Gewerbeflächen ausweisen. Es mag sein, dass Empfingen, Rangendingen oder meinetwegen auch Bisingen diesbezüglich derzeit sehr aktiv sind und womöglich auch auf eine kleine oder größere Goldgrube hoffen. Aber, meine Damen und Herren, das ist beileibe kein Grund dramaqueenesk in Tränen auszubrechen oder gar kommunistisch anmutende Enteignungsdrohungen, die gottlob jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren, öffentlich in den Raum zu stellen.

In der jüngeren Vergangenheit haben wir, insbesondere bei der Gewerbeansiedlung, auf Qualität vor Quantität gesetzt und sind damit durchaus gut gefahren. Wir sollten Haigerloch auch künftig nicht quick & dirty mit x-beliebigen Betrieben zupflastern, sondern weiter im gegenseitigen Einvernehmen eine für alle Beteiligte gute und langfristige Lösung finden.

Dass wir uns richtig verstehen, wir werden auch künftig Rohbauland aufkaufen und Bebauungspläne aufstellen, um weitere Gewerbebauplätze und damit Arbeitsplätze zu schaffen.

Haigerloch hat einige große renommierte Unternehmen, ebenso wie eine Vielzahl kleinere Betriebe – ja, auch landwirtschaftliche Betriebe – die allesamt gesund und erfolgreich sind – und so können wir im Jahr 2022 voraussichtlich mit 3,5 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen rechnen. Kein Grund also zu weinen – zumal der Anteil der Gewerbesteuer, der letztlich in unserer Stadtkasse landet, weitaus geringer ist, als manche glauben mögen. Dazu wird unser Zahlen- und Finanzexperte Timo Müller Ihnen aber später noch genaueres sagen.

Wir haben eine gute Basis, auf die wir weiter aufbauen können. Denn neben vielen sicheren und guten Arbeitsplätzen haben wir aber auch unser Kunstmuseum Hurm, Alraune, barocke Kirchen, das Schloss, das Atomkellermuseum, Geschichte, Vereine und Tradition, wunderschöne Landschaften und damit ein weiteres wertvolles Kapital, das wir auf unserem ganz eigenen Weg, gemeinsam mit den Menschen, die in unserer Stadt zuhause sind, nutzen können und sollen.

Wir haben eine hervorragende Infrastruktur und diese in den vergangenen 15 Jahren konsequent saniert, und den heutigen Anforderungen angepasst. Wir haben ein frisch saniertes Freibad mit fantastischem Kinderbereich, um das wir von vielen Nachbargemeinden beneidet werden. Der Kindergarten in Trillfingen wurde totalsaniert und in die einstige Schule in Bad Imnau wurde zum Bürgerzentrum, in dessen Untergeschoss der Kindergarten eingezogen ist. Wir haben im Schulzentrum das Lehrschwimmbecken saniert und ein neues Schulgebäude errichtet, die Eyachtalhalle in Owingen und die Eichwaldhalle in Hart saniert. In Bittelbronn entstand ein neues Feuerwehrgerätehaus und das in Bad Imnau wurde großzügig erweitert. Hart hat eine neue Feuerwehrgarage erhalten und alle Abteilungen wurden mit neuen Fahrzeugen ausgestattet. Und wir haben zahlreiche Ortsdurchfahrten und Ortsstraßen von Grund auf saniert. Ich könnte meine Aufzählung noch um viele Beispiele erweitern. Viele der erfolgten Investitionen sind naturgemäß im Nachhinein eher unsichtbar – sichtbar und in manchem Fall sogar gefährlich wären allein die Mängel und Defizite, wenn wir sie nicht getätigt hätten.

Wir haben den Ausbau der Breitbandversorgung mit großen Schritten vorangebracht, wodurch unseren Bürgerinnen und Bürgern oftmals auch beruflich neue und vielfältigere Möglichkeiten offenstehen.

Wir nehmen unser „Label“ als familienfreundliche Stadt ernst, bauen die Kinderbetreuung weiter aus und sichern den Bestand der Schulen in den jeweiligen Ortsteilen. Bedingt durch unsere Stadtgliederung, eine Kernstadt mitsamt den acht Teilorten, das ist zugegeben eine besonders komplexe Herausforderung. So sehen wir uns derzeit nicht nur von Hart tatsächlich mit zu wenig Krippenplätzen konfrontiert, wofür wir aktuell auch so manche Kritik ernten. Aber haben wir wirklich so massiv fehlgeplant? In der Tat ist die Nachfrage nach Krippenplätzen deutlich schneller gestiegen, als es die Prognosen ursprünglich erwarten ließen – nicht nur in Haigerloch, sondern auch in unseren Nachbarstädten. Damit einher geht ein auch bei uns spürbarer Mangel an qualifizierten pädagogischen Fachkräften, deren Verfügbarkeit eine weitere wesentliche Voraussetzung für eine gute zuverlässliche Betreuung darstellt.

Zwar haben wir keine „Plätze auf Halde“, aber bereits Anfang nächsten Monats wird in Gruol eine weitere Ü3-Gruppe für bis zu 25 Kinder eröffnet. Weiterhin steht der Kindergartenneubau in Weildorf in den Startlöchern.

Es ist aufgrund der aktuellen Entwicklung davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Krippenplätzen weiterhin auf hohem Niveau sein wird, weshalb wir insbesondere die bauliche Situation unserer Kindergärten in Stetten und Owingen im Auge behalten müssen, um rechtzeitig agieren zu können.

Bezüglich des Schulgebäudes in Trillfingen gilt es nun auch zeitnah, die Weichen durch einen Gemeinderatsbeschluss zu stellen, da die Nutzung im Sommer des nächsten Jahres endet. Sollen wir das denkmalgeschützte Gebäude sanieren? Oder ist ein Neubau neben der Mehrzweckhalle die vernünftigere Entscheidung? Nur eines ist jetzt schon sicher – es gilt in jedem Falle schnellstmöglich Fördermittel zu beantragen und einen fähigen Architekten ins Boot zu holen.

In diesem Jahr stehen zwei wichtige Entscheidungen zu Gebäuden im Schulzentrum an. Einmal der Startschuss zur Sanierung der Witthauhalle, für welche wir bereits Sanierungsmittel in Höhe von 1,753 Mio. Euro einwerben konnten und die Überlegungen: wo bringen wir die Schüler und Lehrer des aus den 60er Jahren stammenden Hauptgebäudes unter, wenn dieses ab dem Schuljahr 2027/28 zur Totalsanierung ansteht? Sollen diese in angemieteten Containern untergebracht werden? Oder macht es Sinn, die dadurch entstehenden Kosten einzusparen und zunächst den noch fehlenden 11er Bau zu erstellen, der ohnehin für die dringend erforderlichen Aufenthalts-, Betreuungs- und Sozialräume, sowie eine passable Mensa unerlässlich ist?

Wir kommen um viele, vielleicht nicht allzu glamouröse Aufgaben nicht umhin – aber wir kommen vor allem nicht voran, wenn wir diese immer und immer wieder aufschieben und vertagen. Lassen Sie uns die Dinge angehen und bis spätestens zum Sommer eine gemeinsame Lösung finden, denn desto eher können auch die momentan verfügbaren Fördermittel beantragt und gesichert werden.

Wir haben, darauf wird unser Kämmerer Timo Müller im Anschluss gleich noch näher eingehen, trotzt aller pandemiebedingten Einschnitte und Zusatzbelastungen, das vergangene Jahr gut gemeistert.

Ich bin überzeugt, wir sind auf dem für unsere Stadt genau richtigen Weg, der uns, unsere Menschen, gut für die Zukunft aufstellt. Ein Weg, der uns in einem vernünftigen und verantwortungsvollem Maße Nachhaltigkeit und Innovation gleichermaßen erreichen lässt.

Und das, trotz all der Steine, die uns manchmal in den Weg gelegt werden – dem oftmals selbst für Experten kaum mehr zu durchschauenden Förderprogrammdschungel, dem gegenwärtigen Mangel an qualifiziertem Personal in vielen Bereichen, den steigenden Energiekosten, die nicht nur jeden Einzelnen als Verbraucher, sondern auch uns als Stadt treffen und nicht zuletzt auch das unbedingte Wohlwollen übergeordneter politischer Entscheidungsträger. Aber, gemeinsam schaffen wir das!

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen für die gute konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr bedanken, die zwar oftmals von unterschiedlichen Positionen, aber auch von Fairness geprägt war. Ebenfalls geht ein herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der Stadtverwaltung, insbesondere an die Herren Wannenmacher und Schluck, vor allem aber an unseren Kämmerer Timo Müller, der sich nicht nur stets mit besonderer Akribie unseren Zahlen widmet, sondern sich zudem souverän durch den immer unübersichtlicheren Irrgarten der Förderprogramme und Subventionen kämpft.